Das Licht flackert.
Schwach, zitternd, aber sie kämpft. Ein
Seufzer, ein Knacken, es ist entschieden. Sie läuft, die Melitta. Für heute.
Jeder Tag, der das Auspacken der perversen Kapselmaschine verzögert, ist ein
Gewinn. Frohe Weihnachten steht auf
der Kartonverpackung – das „o“
zufällig ein passender Kringel um George Clooneys Auge, die restlichen
Buchstaben in einer Schrift, die Falkner nicht so fremd sein sollte.
Die Melitta brodelt mühsam vor sich hin.
Falkners Hand schwebt über der Anrichte
– wie so oft gewinnt die Zigarettenpackung den Wettstreit mit dem Brotkorb. Es
flackert erneut, das Knacken diesmal beständiger. Ein Zug und der graue Nebel
füllt seine Lunge, warm und vertraut. Wie ein Freund, der’s nicht ganz gut mit
dir meint.
Falkner streckt sich, drückt die krachenden
Schultern nach hinten. Der Kaffee braucht noch ein Bisschen. Er setzt sich an
den Tisch, das Kreuzworträtsel von gestern Früh liegt noch aufgeschlagen,
halbfertig. Propaganda-Institution,
will Kästchen 7E wissen. K-I-R-C-H-E ist zu lang, stellt Falkner fest. Dass er
beim Rätsel eines solchen Schundblattes überhaupt überlegen muss, ärgert ihn.
Der Kaffee ist immer noch nicht fertig. G-ä-n-s-e-b-l-ü-m-c-h-e-n,
füllt er in die nächste Zeile vertikal. Ein Zug von der Zigarette. Wieder hängt
er. Wieder fällt ihm ein Wort nicht ein. Wer zur Hölle erstellt diese
Kreuzworträtsel?
Der nächste Zug an der Zigarette ist zu
lang, zu tief. Er hustet. Er meint es, wenn er Leuten sagt, dass er nicht
aufhören will. Warum auch? Im günstigsten Fall kann er selbst bestimmen, wann es
mit ihm zu Ende geht.
Ein Brummen auf der Anrichte, das Handy
ruft nach Aufmerksamkeit. Ein letzter Nikotinstoß.
„Falkner.“ Sofort bereut er das
Ausdämpfen der Zigarette. „Jo, Herr Oberst. … I vasteh. In fufzehn Minuten.“
H-i-r-s-c-h-k-o-p-f, kritzelt er in eine Zeile bevor die Tür hinter ihm ins Schloss
fällt.
„Ah,
der Herr Inspektor. Guad‘n Morg‘n!“
Es grenzt an ein Kunststück, wie genau
sie ihr morgendliches Postholen auf seine Abfahrzeit abstimmt. Das „fünf
Minuten früher, fünf Minuten später“-Experiment hat er abgebrochen. Erfolglos.
Er sollte sein Haus auf Bewegungsmelder überprüfen lassen.
„Morg‘n.“
„Und, gibt’s scho wos Neichs…“
Verheißungsvoll beugt sie sich über den Gartenzaun. „In Sochn Mörder?“
„Frau Lunte, Sie wiss’n genau, doss I
über laufende Ermittlungen ned redn deaf.“
„Jojo, waß i scho.“
Es wundert Falkner immer wieder, wie eine Frau mit derart solariumeingebrannten Falten schlagartig wie ein trotziger Schuljunge dreinblicken kann.
Es wundert Falkner immer wieder, wie eine Frau mit derart solariumeingebrannten Falten schlagartig wie ein trotziger Schuljunge dreinblicken kann.
„I ded jo sowieso nix sogn. I dua jo sowos ned.“ Sie zupft an ihrem manikürten Rosenstrauch. „Des haum’s ned vo mia,
owa da Staummtisch redt a scho…“
Wenn
er nicht gerade lallt, denkt Falkner, und nimmt den
billig platzierten Anreiz zum Anlass,
weiter sein Auto anzusteuern.
„I bin jo nua außa weg’n da Post, wissn’s
eh!“ hört er noch beim Einsteigen. Der Motor zuckelt kurz, ziert sich, aber
springt beim zweiten Versuch an.
Falkner weiß eh. Er weiß genauso gut wie die Lunte, dass die Post
frühestens in zwei Stunden kommt.
•♦•
An einem letzten Stück Klebeband baumelt
das Bürgerinfo-Poster an der Eingangstür, unterschrieben: Für Ihrer Sicherheit, Ihr
Gendarmerieposten Berghofen.
Falkner nickt seinen Weg an den Kollegen
vorbei. Im Büro vom Oberst angekommen, wirft er seine Jacke auf den
Besucherstuhl.
„Oiso. Wo faung ma aun?“
„Du, Falkner, mia san grod draufkumma,
dass du vielleicht ned der richtige bist desmoi.“
„Wieso?“
„Najo. Du kennst as.“
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